5. FASTENSONNTAG

13.03.2016

 

Lesungen:              Phil 3,8-14

                            Joh 8,1-11

 

Gedanken zur 1. Lesung

 

Was heißt es für Sie, Christ zu sein? Ein guter Mensch sein? Das sind aber auch viele Menschen, die keine Christen sind. Sich an die Gebote halten? Das tun auch viele Menschen, die keine Christen sind. Wann sind wir echte Christen? Wenn wir getauft sind? Dadurch gehören wir zu dieser Gruppe von Menschen, die sich Christen nennen, aber das heißt noch nicht dass diese ihr Christsein wirklich leben. Was es heißt, wirklich ein Christ zu sein, sagt uns zum Beispiel der Apostel Paulus in seinem Brief an die Philipper.

 

Für Paulus ist es ein „unvergleichlicher Reichtum“, dass Jesus sein „Herr“ ist. Jesus ist für ihn die wahre Autorität, die sagt, wo es lang gehen soll, wie er leben soll. Jesus bestimmt seine Lebensweise. Zu ihm will er gehören. „Ich kann vor Gott nicht bestehen, nur wenn ich sein Gesetz (also seine Gebote) befolge.“ Es geht um viel mehr.

 

Es geht um Jesus. „Ich will ihn immer besser kennenlernen“, sagt Paulus. Dieses Kennenlernen ist aber mehr, als über Jesus informiert sein, viel über ihn zu wissen. Es geht darum, so mit Jesus vertraut zu werden, dass man nachempfinden und nachvollziehen kann, wie Jesus denkt und handelt, wie er zu Gott und zu den Menschen steht. Und dann zu versuchen, mir seine Denk- und Lebensweise zu eigen zu machen, mir anzueignen. Ein Beispiel von dieser Denk- und Handlungsweise von Jesus haben wir im heutigen Evangelium gehört. Hier zeigt Jesus, was Barmherzigkeit bedeutet, ein Wort, das unsere heutige Gesellschaft nicht mehr zu kennen scheint. Man ruft nur noch nach Strafe, Einsperren, „aus dem Verkehr ziehen“ oder noch schlimmer, wenn es um Menschen geht, die sich schuldig gemacht haben. Man will höchstens für sich selbst Barmherzigkeit.

 

Paulus will Jesus immer mehr ähnlich werden. Er fühlt sich von ihm angesprochen, betroffen, ergriffen und fasziniert. Er nennt seine Lebensweise „das herrliche neue Leben, im Lichte Gottes“. Wer sich an Jesus hält, entdeckt ein beglückendes, neues Leben. Er wird zu einem neuen Menschen verwandelt, beginnt anders zu leben und zwar so, wie Gott sich einen Menschen vorstellt. Alles andere wird damit unwichtig, relativ, verliert seinen absoluten Wert. Durch eine gelungene Beziehung zu Jesus bekommt alles andere seinen wahren Wert. Sie gibt meinem Leben einen unverlierbaren Sinn. Deswegen setze ich alles auf eine Karte: auf Jesus. „Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir“, sagt Paulus. Es geht ihm darum, sich so eng mit Jesus Christus zu vereinen, dass er »in ihm« sein kann. Das ist nach dem Motto von Jesus im Johannesevangelium: »Wer in mir bleibt, und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht.« (Joh. 15,5). Dieser Höhenflug hört sich so an, als sei er für normale Christen unerreichbar.

 

War Paulus dann ein hoffnungsloser Schwärmer, ein wirklichkeitsfremder Idealist? Wenn man sieht, wie er sich für seine christliche Überzeugung eingesetzt hat, Verurteilungen und Anschläge auf sein Leben in Kauf genommen hat, ist er sehr glaubwürdig.

 

Paulus bleibt so realistisch, dass er für sich selbst eingesteht: „Ich bin noch nicht am Ziel.“ Ich bin noch unterwegs. Ich habe es noch nicht geschafft, in so einer tiefen Beziehung zu Jesus zu leben. »Ich behaupte ja gar nicht, dass ich es schon erreicht hätte,- aber ich strebe danach.« Paulus kann sich noch nicht als vollkommenen Christen verstehen. Noch ist er unterwegs, aber mit allen Kräften auf das Ziel ausgerichtet.

 

Paulus erweist sich als ein von Jesus Begeisterter. „Ergriffenheit und Überzeugung von diesem Jesus“, ist es das, was uns heutigen Christen fehlt? Wir sind getauft auf den Namen von Jesus Christus, wir nennen uns nach ihm „Christen“, sind wir es aber wirklich? Suchen wir ihn und leben wir wirklich aus dieser tiefen Beziehung zu Jesus? Nur wenn man selbst brennt, kann man auch andere anzünden!

 

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